Mitglieder Login

Kein Ende des Ukraine-Krieges in Sicht

Exklusiver Club Tirol-Vortragsabend: der bekannte Militärstratege und Analyst Oberst Markus Reisner gab einen Überblick zur „Lageentwicklung“ am europäischen Kriegsschauplatz.

Der Krieg in der Ukraine wird noch lange nicht vorbei sein. Trotz einiger militärischer Erfolge stehe die Ukraine weiterhin an der „Kippe“, man sei in einem Abnützungskrieg gefangen. Obwohl aus militärischer Sicht teils unglaubliche Fehler begangen wurden, dürfe man „die russische Armee nicht unterschätzen.“ Keiner der Kontrahenten könne diesen Krieg jedoch ohne entsprechende Unterstützung aus anderen Ländern gewinnen. Noch glauben Russen wie Ukrainer, ihr jeweiliges Ziel „kämpferisch schaffen zu können.“

Das sind einige der wenig erfreulichen Ausblicke für die Hoffnung vieler Menschen auf ein baldiges Ende des Ukrainekrieges, die der durch zahlreiche Medien-Auftritte im In- und Ausland bekannte österreichische Analyst und Militärstratege Oberst Markus Reisner aktuell gibt. Ausgesprochen hat sie der ehemalige Leiter der Entwicklungsabteilung der Theresianischen Militärakademie und nunmehrige Kommandant der Garde bei einem vom Club Tirol organisierten, exklusiven Vortrag im Wiener Raiffeisen-Headquarter. Eingeladen zur Schilderung der „Lageentwicklung“ im Ukrainekrieg wurde Reisner von Club Tirol-Vorstandsmitglied Oberst Stefan Kirchebner (Militärischer Berater im BM für Landesverteidigung - Kabinett der Bundesministerin). Begrüßt zum Vortragsabend wurde Reisner von Club Tirol-Präsidenten Julian Hadschieff und Gastgeber Erwin Hameseder, Generalanwalt des Österreichischen Raiffeisenverbandes sowie Obmann der Raiffeisen-Holding NÖ-Wien.

Punkte-Siege und Täuschungen
Das berechtigte „Wir-schaffen-das“-Denken der Ukrainer habe seine Wurzeln im gescheiterten russischen „Plan A“ zu Beginn des russischen Überfalls im Februar 2022, schilderte Reisner in seinem ausführlichen Überblick der bisherigen Kriegs-Phasen. Kurz gefasst sah dieser mutmaßlich von Präsident Putin ausgewählte Plan vor, mit nur 200.000 Soldaten binnen weniger Tage einen „Enthauptungsschlag“ zu führen. Sprich Kiew zu besetzen, Präsident Selenskyi gefangen zu nehmen und in der Ukraine großflächig zu propagieren, alles sei damit „gelaufen“.

Ein Plan, den die ukrainische Armee bekanntlich rasch vereiteln konnte. Auch Dank der von den USA gelieferten „Aufklärungsdaten“ sowie der Waffen-Versorgung aus dem Westen. Dieser „ukrainische Punktesieg“ habe dazu geführt, dass sich die Ukraine damals nicht an den Verhandlungstisch setzen wollte (trotz westlicher Empfehlungen dazu), sondern davon ausging, die Russen tatsächlich vollständig aus der Ukraine wieder vertreiben zu können.

In weiterer Folge schwenkten die Russen auf ihren ursprünglichen Plan B um. Dieser hätte den Angriff auf die Ukraine aus den Separatisten-Gebieten im Donbass heraus mit einer rund 600.000-Mann starken Armee vorgesehen. Tatsächlich wurden mit einer „logistischen Meisterleistung“ binnen 14 Tagen 60.000 Mann aus dem Norden der Ukraine in den Donbass verlegt, die russischen Kräfte also im Süden konzentriert. Die Ukrainer hingegen konnten deshalb einstweilen besetzte Gebiet etwa um Charkiv zurückgewinnen. Den Rückzug der Russen von dort könne man rückblickend als eine Art „Täuschungs-Manöver“ über die wahren Absichten und die Stärke der Russen interpretieren.

Im Süden verbuchten die Russen dann kurz gesagt nicht nur ordentliche Gebietsgewinne, sondern errichteten eine über 1200 Kilometer lange Frontlinie mit entsprechend ausgebauten Verteidigungsanlagen. Die bei „beweglichem Kampfgeschehen“ sonst gut aufgestellte ukrainische Armee fand sich so letztlich in einem Stellungskrieg wieder, der mit seinem intensiven Artilleriebeschuss zur immensen „Materialschlacht“ mit ungezählten Todesopfern mutierte. Ohne westliche Unterstützung wäre dabei, so Reisner, die Ukraine schon im vergangenen Sommer „erledigt gewesen“.

Geplante Offensiven
Diese Front besteht mehr oder weniger bis heute. Ein weiterer ukrainischer „Punktesieg“ – der plötzliche Abzug von 30.000 Russen aus Cherson – entpuppte sich letztlich ebenso als „Täuschung“. Diese Truppen wurden andernorts eingesetzt, die Ukrainer verschoben deshalb ebenso ihre Einheiten entlang der langen Front. Eine angedachte Offensive, mit der etwa die von den Russen besetzten Gebiete in Richtung Krim geteilt werden sollten, scheiterte wohl deshalb bisher mangels Mannes und Material. Die andauernde russische „Luftstrategie“ mit den gezielten Angriffen auf die gesamte ukrainische Infrastruktur tut ihr übriges.

„Mit ihrer angekündigten Frühjahrsoffensive zögert die Ukraine noch, wohl aufgrund fehlender, für die Offensive aber unbedingt notwendiger Luftunterstützung“, erklärte Reisner. Was sich nach der jüngsten Ankündigung der USA, eventuell doch Kampfflugzeuge zu liefern, ändern könnte.

Der „Nerd“ im Schulhof
Für Oberst Reisner ist klar – ohne weitere westliche Hilfe „ist dieser Krieg sofort aus.“ Für den Westen ist grundsätzlich klar, den Kampf gegen den russischen Aggressor auf ukrainischem Boden weiterzuführen. Die jedoch immer nur Schritt für Schritt erfolgende steigende militärisch-technische Unterstützung dürfte wohl dem Umstand geschuldet sein, dass etwa die „USA den Russen keinen K.O.-Schlag versetzen wollen.“ Immer wenn diese aber Siege erzielen – wie offensichtlich zuletzt in Bachmut – ziehe „der Westen mit zuvor abgelehnten Lieferungen bestimmter Waffengattungen nach“.

Für die nähere Zukunft hält Reisner drei Szenarien für möglich, jeweils mit „überschaubarer“ Wahrscheinlichkeit. Entweder die Russen „brechen durch und die Ukraine bricht zusammen“. Oder die russische Seite erlebt einen Zusammenbruch, weil etwa die russische Bevölkerung die gestreute Propaganda-Mär vom aufgezwungenen „Vaterländischen Krieg 2.0“ nicht mehr schlucken will. Oder es kommt zu einer „Waffenstillstands-Situation“ – keine Partei hätte dabei verloren, Friedensverhandlungen gibt es nicht – eine Lösung à la Nord- und Südkorea. Mit der Gefahr, dass sich Russland um „seinen Sieg betrogen“ fühlt und es in ein paar Jahren erneut versucht.

Wie mit Russland weiter umzugehen ist, dazu gebe es innerhalb der europäischen Länder zwei Lager: jene im Osten mit ihrer völlig misstrauischen Einschätzung des russischen Verhaltens, dort die westlichen mit teils zweifelnden Positionen. Für Österreichs Haltung im Konflikt bemüht Oberst Reisner übrigens einen plastischen Vergleich aus dem Schulalltag: „Im Schulhof stehen sich zwei rivalisierende Banden gegenüber, wir Österreicher sind der herumstehende Nerd mit der Wurstsemmel in der Hand, der sagt, uns geht das alles nichts an.“

Club Tirol-Präsident Julian Hadschieff hielt am Ende bei der Publikumsdiskussion – wohl im Sinne aller Anwesenden – eindeutig fest: „Das ist ein Kampf eines totalitären Systems gegen das westliche Gesellschaftsmodell der Demokratie, der Freiheit und des Wohlstandes.“

Ukrainekrieg - Oberst Markus ReisnerUkrainekrieg - Oberst Markus ReisnerUkrainekrieg - Oberst Markus ReisnerUkrainekrieg - Oberst Markus ReisnerUkrainekrieg - Oberst Markus ReisnerUkrainekrieg - Oberst Markus ReisnerUkrainekrieg - Oberst Markus ReisnerUkrainekrieg - Oberst Markus ReisnerUkrainekrieg - Oberst Markus ReisnerUkrainekrieg - Oberst Markus ReisnerUkrainekrieg - Oberst Markus ReisnerUkrainekrieg - Oberst Markus ReisnerUkrainekrieg - Oberst Markus ReisnerUkrainekrieg - Oberst Markus ReisnerUkrainekrieg - Oberst Markus ReisnerUkrainekrieg - Oberst Markus ReisnerUkrainekrieg - Oberst Markus ReisnerUkrainekrieg - Oberst Markus ReisnerUkrainekrieg - Oberst Markus ReisnerUkrainekrieg - Oberst Markus ReisnerUkrainekrieg - Oberst Markus ReisnerUkrainekrieg - Oberst Markus ReisnerUkrainekrieg - Oberst Markus ReisnerUkrainekrieg - Oberst Markus ReisnerUkrainekrieg - Oberst Markus ReisnerUkrainekrieg - Oberst Markus ReisnerUkrainekrieg - Oberst Markus ReisnerUkrainekrieg - Oberst Markus ReisnerUkrainekrieg - Oberst Markus ReisnerUkrainekrieg - Oberst Markus ReisnerUkrainekrieg - Oberst Markus ReisnerUkrainekrieg - Oberst Markus ReisnerUkrainekrieg - Oberst Markus ReisnerUkrainekrieg - Oberst Markus ReisnerUkrainekrieg - Oberst Markus ReisnerUkrainekrieg - Oberst Markus ReisnerUkrainekrieg - Oberst Markus ReisnerUkrainekrieg - Oberst Markus ReisnerUkrainekrieg - Oberst Markus ReisnerUkrainekrieg - Oberst Markus ReisnerUkrainekrieg - Oberst Markus ReisnerUkrainekrieg - Oberst Markus ReisnerUkrainekrieg - Oberst Markus ReisnerUkrainekrieg - Oberst Markus ReisnerUkrainekrieg - Oberst Markus ReisnerUkrainekrieg - Oberst Markus ReisnerUkrainekrieg - Oberst Markus ReisnerUkrainekrieg - Oberst Markus ReisnerUkrainekrieg - Oberst Markus ReisnerUkrainekrieg - Oberst Markus ReisnerUkrainekrieg - Oberst Markus Reisner




Zurueck Button



Unsere Partner: