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„Mir blutet das Herz“


Beim vierten virtuellen Meeting des Businessclub CLUB TIROL berichtet Josef Margreiter, Geschäftsführer der Lebensraum Tirol Holding GmbH, über die Folgen des Coronavirus für Tirol, über Sofort-Maßnahmen und neue Strategien für die Zukunft. Eine kurze Zusammenfassung.

„So wie in den letzten Wochen unsere Marke Tirol beschädigt wurde, das hat es noch nie gegeben. Wir haben jetzt alle sehr viel zu tun, um da wieder herauszukommen.“ Diese offene und ehrliche Feststellung stammt nicht von irgendjemandem sondern von einem, der sich seit fast rd. einem Vierteljahrhundert für die „positive Strahlkraft“ Tirols einsetzt. Wie „uns das alles Woche für Woche in den Medien einholt und kein Ende nehmen will, da muss ich sagen, das ist absolut bitter.“

Es ist Josef Margreiter - seit eineinhalb Jahren Geschäftsführer der „Lebensraum Tirol Holding“, zuvor mehr als 24 Jahre Chef der Tirol Werbung - buchstäblich anzusehen und -hören, wie ihm angesichts der durch die Corona-Pandemie hervorgerufenen Folgen für seine Heimat „das Herz blutet.“ Tirol sei in dieser Pandemie zum „Superspreader“ gestempelt worden. Dabei „waren wir Österreicher so stolz darauf, dass wir die Weltbesten im Après-Ski sind, die höchste Dichte an modernen Skigebiete haben, mit der tollen Stimmung rund um den Wintersport auch gegenüber der Konkurrenz in der Schweiz oder Frankreich immer punkten konnten. Das wurde nun Thema mit der Frage, ob das alles noch Zukunft hat?“

Mit dieser Sachlage und einem zugleich - neben allen kritischen Blicken - auch optimistischen Ausblick stellte sich Josef Margreiter beim vierten virtuellen Meeting des Club Tirols den besorgten und teils kritischen Fragen der zahlreichen im Videocall zugeschalteten Club-Mitgliedern sowie einer Reihe von Gästen aus Tirol. „Uns Tiroler hier in Wien hat der Shutdown in Erklärungsnotstand gebracht. Umso mehr, als Tirol durch den größten Anteil an Beherbergungs- und Gastronomiebetrieben von allen Bundesländern am stärksten betroffen ist“, sprach die Moderatorin des Abends, Club Tirol Vizepräsidentin Renate Danler, einleitend. Viele der Club Tirol Mitglieder hatten und haben mit „dem Image Tirols auch beruflich zu tun“, hielt Club-Präsident Julian Hadschieff bei seiner Begrüßung fest. Tirol sei ein tolles Land und habe in den vergangenen Jahren gute Arbeit geleistet. Die nunmehrige Krise, so Hadschieff, führe aber dazu, neue Chancen zu sehen und zu nutzen.

Bei der Berufung von Josef Margreiter als Geschäftsführer des „Lebensraum Tirol“ im November 2018 bezeichnete Landeshauptmann Günther Platter dies als eines der größten Strukturprojekte, dass das Land Tirol in letzter Zeit beschlossen habe. Für Platter sei dies ein echtes Herzensanliegen und, so Margreiter, „wir bemühen uns in dieser neu geschaffenen Struktur dem Land bestens zu dienen.“ (Eckdaten zum Lebensraum Tirol in der Präsentation am Ende des Berichtes). In der letzten Aufsichtsrats-Sitzung des Lebensraum Tirol wurde praktisch einstimmig festgehalten, dass es „nun gröberen Handlungsbedarf des Landes an seinem Reputationsmanagement gibt.“

Sofort-Maßnahmen in der Coronakrise
Die drei derzeit im „Lebensraum Tirol“ zusammengespannten Unternehmen (Tirol Werbung, Agrarmarketing Tirol, Standortagentur Tirol) haben eigeninitiativ mit einigen „Sofortmaßnahmen in der Coronakrise“ begonnen. So hat die Tirol Werbung zuerst, eine mit sachlicher Information gespickte, intensive Branchen- und Gästeinformation bereitgestellt („da haben wir uns keinen Vorwurf zu machen“). „Mit Abstand nah“ lautet der Titel für das als nächstes eingeführte Kommunikationsprogramm speziell für Stammgäste, um mit diesen emotional verbunden zu bleiben. Die mit Mitte Mai als dritte Phase begonnen Kampagne „Es geht Bergauf“ gehe nunmehr behutsam in Richtung der wichtigen Nahmärkte Österreich, Deutschland und Schweiz.

Allerdings, so Margreiter, „so einen Gegenwind, so heftige Reaktionen auf eine Werbekampagne habe ich noch selten erlebt, das gab’s zuletzt vielleicht in der Waldheim-Affäre.“ Erfreulich sei jedoch, dass es in einigen Regionen für Juli und August schon eine herzeigbare Nachfrage gebe. Aber, so Margreiter, der Tourismus, insbesondere der Städtetourismus wie in Innsbruck, wird „sicher zwei, drei Jahre brauchen, bis es wieder einigermaßen gut läuft.“

Mit der von der Standortagentur Tirol gleich zu Beginn der Krise gestarteten Initiative „Wir kaufen in Tirol“ sei es gelungen, mittlerweile mehr als 2.000 Tiroler Unternehmen in eine Art Online-Handelsverzeichnis zu bündeln. Die Schwierigkeit ist jetzt, die künftige Herausforderung, sei dabei nunmehr jedoch, die vielfach optimierbare Digitalisierung zu verbessern: „Nur ein Drittel der Unternehmen hat etwa derzeit einen funktionierenden Onlineshop.“ Hier gelte es, professionelle Lösungen zu finden, gute Beratung für die „Online-Fitness“ anzubieten und langfristig auch eine Vernetzung mit anderen nationalen wie internationalen Plattformen zu suchen. Denn ein „Tiroler Amazon werden wir nicht bewerkstelligen können.“

Das Agrarmarketing Tirol hat mit der Forcierung der Regionalen Lebensmittelversorgung bereits einige alternative Vertriebskanäle erschlossen. Der Übermengenabsatz durch den Wegfall des Gastrogroßhandels wurde etwa durch Direktvermarktung und Lebensmitteleinzelhandel ermöglicht, Produkte wie das Berglamm wurden eingelagert oder über Convenience-Produktionen weiterverarbeitet.

Nach Corona ist nicht wie vor Corona
„Alle unsere aktuellen Strategien für den Lebensraum Tirol werden durch Corona nun auf den Prüfstand geholt“, so Margreiter. Denn „nach Corona ist nicht gleich vor Corona.“ Es brauche neue Erkenntnisse und angepasste Strategien. Im Zentrum muss der Mehrwert für die Tirolerinnen und Tiroler stehen. Es braucht diese Priorität Tirol auch im Tourismus, damit wir den Heimmarkt gewinnen, dass wir Akzeptanz im eigenen Land haben und viel gemeinsam umsetzen können.

Themen für die Zukunft seien weiterhin gesunde Mobilitäts- und Energielösungen. Unsere neue Initiative „Alpine Tech, Innovation Hub“ zielt auf eine gesunde Wirtschafts-, Freizeit und Tourismusentwicklung: „Saubere neue Technologien, die zum Beispiel tatsächlich energieneutrale Skigebiete ermöglichen.“ Auch wenn das Image arg gelitten habe, sind „unsere Stärken in Tirol immer noch vorhanden.“

Debatte
Bei vielen Club-Mitgliedern stößt jedoch die bisherige (politische) „Krisenkommunikation“ des Landes, speziell zu Beginn der Krise, auf Verwunderung. Dabei sei man doch eigentlich - Stichwort Galtür - darin sehr erprobt. Für Margreiter ist eine Naturkatastrophe wie Galtür nicht vergleichbar mit einer Pandemie. Mit reiner Tourismuswerbung habe man jahrzehntelange Erfahrung, mit der Imagewerbung, mit einem Reputationsmanagement für ein ganzes Land jedoch kaum. Um etwa in den Diskussionen in sozialen Medien mit guten Argumenten und Fakten eingreifen zu können, dafür „sind wir einfach nicht richtig aufgestellt.“ Ebenso fehle es mitunter an Erfahrung und Wissen im Umgang mit kritischen nationalen wie internationalen Medien: „Das muss man auch lernen, es gibt nur wenige Naturtalente.“ Zudem kommen „die schärfsten Kritiker eigentlich aus Tirol selbst, man hat fast das Gefühl, da ist ein Damm gebrochen, etwa den gesamten Tourismus mit all seinen Auswüchsen komplett in Frage zu stellen.“

Hier werde jetzt viel Überzeugungs- und Aufklärungsarbeit notwendig sein. Für letzteres könnten sich auch die abseits der Heimat lebenden Tiroler, wie viele der Club-Mitglieder, engagieren, indem sie „Fakten sammeln, in den Dialog gehen - durchaus auch mitfühlend - und mit guten Argumenten dagegenhalten.“ Club Tirol Präsident Julian Hadschieff hielt abschließend fest, dass man es lernen muss, mit solchen „public affairs“ anders und besser umzugehen und in Hinblick auf ein weiteres Leben mit dem Coronavirus bessere und andere Ablaufprozesse benötige.

Zur Präsentation „Lebensraum Tirol“ von Josef Margreiter mit Struktur, Auftrag, Budget, Zahlen und Schwerpunkten: HIER

4. virtuelles Meeting 8.6.20204. virtuelles Meeting 8.6.20204. virtuelles Meeting 8.6.20204. virtuelles Meeting 8.6.20204. virtuelles Meeting 8.6.20204. virtuelles Meeting 8.6.20204. virtuelles Meeting 8.6.20204. virtuelles Meeting 8.6.20204. virtuelles Meeting 8.6.2020




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