Die Wirtschaftsstandorte Südtirol und Tirol im Vergleich
Südtirols Wirtschaft brummt und ruft immer lauter nach Fachkräften. "Trotz Uni in Bozen studieren die meisten Südtiroler außerhalb des Landes und kommen nicht so leicht zurück", stellte Südtirols Landeshauptmann Arno Kompatscher bei einer vom Club Tirol organisierten Podiumsdiskussion in Wien fest. Um für Startups, Forschung und Entwicklung Hochqualifizierte in die Heimat zu locken, "wollen wir Rückkehrwilligen den roten Teppich ausrollen."
Im Vergleich zur Konkurrenz in Europa sind die Gehälter in Südtirols niedrig. Damit die Löhne attraktiver werden, will das Land nun mit einer befristeten Übernahme von Bruttolohn-Anteilen einspringen, kündigte Kompatscher an. Christof Oberrauch, Senior Chef der weltweit agierenden Unternehmensgruppe Durst Phototechnik, bringt es auf den Punkt: "Für Unternehmer sind die Lohnkosten in beiden Ländern gleich hoch. Nur bleibt den Mitarbeiten in Italien wesentlich weniger übrig als in Österreich. Das ist eine rein steuerliche Angelegenheit". Die Steuerlast in Südtirol ist "deutlich" höher als in Österreich, obwohl sie der Landeshauptmann dank seiner Autonomie etwas senken konnte.
Eine weitere Hürde im Kampf um die besten Köpfe ist die Zweisprachigkeitsplicht in der öffentlichen Verwaltung. "Im Kampf gegen den europaweiten Ärztemangel ist die Zusatzqualifikation, Deutsch und Italienisch zu beherrschen, ist ein großes Handicap", räumt der Landeshauptmann ein.
"Was ist aber südlich des Brenners besser als nördlich, zumal viele Südtiroler Firmen in Österreich investieren?", bohrt News-Chefredakteurin Esther Mitterstieler weiter in der Podiumsrunde im Haus der Europäischen Union. "Ein toller Markt, der noch nicht konsolidiert ist und die Loyalität der Mitarbeiter", zählt Herbert Noichl auf. Der Tiroler Unternehmer investiert mit seiner cfo-Management GmbH in alpenländische KMUs, also auch in Südtirol. Nachteilig seien dort die Infrastruktur (fehlendes Breitband) und geographische Erreichbarkeit.
Bei den Grundstücks- und Strompreisen bietet Österreich eindeutig die besseren Konditionen, unterstreicht Christof Oberrauch, während man als Unternehmer in Italien eine gute Portion "Heroismus" aufweisen müsse Die Bürokratie sei in beiden Ländern gleich hoch.
Die hohen Grundstückspreise will der Landeshauptmann mit einer Reform der Raumordnung eindämmen, die zu einer künstlichen Verknappung geführt habe. Auch in Zukunft wird in den ländlichen Raum investiert, nicht nur in Straßen "bis ins letzte Dorf", sondern auch in Soft-Facts wie in Kultur und Vereinsleben, um eine Landflucht aus den Tälern weiterhin zu verhindern.
"Wir investieren kräftig in die öffentliche Mobilität, in die Zulaufstrecken zum Brennerbasistunnel und streben Bahnverbindungen in die Schweiz und nach Venedig an", skizziert Kompatscher bei 100 Zuhörern des Club Tirol. Ein großer Brocken ist die Reform des Gesundheitssystems, das in Notfällen in Südtirol besser funktioniere als in Österreich, während es bei nicht-dringenden Leistungen umgekehrt sei. An einer medizinischen Ausbildung mit Innsbruck wird gebastelt. "Im Gesundheitssystem gilt es, Kirchtürme niederzureißen. Das fällt uns Tirolern ja besonders schwer".