Ein Clubabend mit spannenden Einblicken in Österreichs „Start-Up-Welt“
Lässt sich ein Start-Up in Tirol genauso gut gründen wie etwa in Wien? Warum haben einige Founder mit Tiroler Wurzeln ihr Unternehmen in Wien und nicht in der Heimat gestartet? Antworten auf diese sowie einige weitere Fragen gab’s beim jüngsten Event des Club Tirol. Dem interessierten Publikum wurde dabei ein kleiner Ausflug in Österreichs „Start-Up-Welt“ geboten. Samt Einblicken aus profundem Munde von einer illustren Runde an jungen Foundern.
„Was müssen wir tun, dass ein Start-Up überhaupt in Österreich erfolgreich werden kann“, fragte sich Club Tirol-Präsident Julian Hadschieff – selbst mehrfach erfolgreicher Firmengründer – bei seiner Begrüßung in den Räumen des APA-Pressezentrums in Wien, wo dieser Event über die Bühne ging. Hausherr Clemens Pig, geschäftsführender Vorstand der APA, hat übrigens selbst vor 25 Jahren in Innsbruck die Firma MediaWatch gegründet und sie fünf Jahre später verkauft – an die APA. „Damals waren Investoren noch kein Thema, ich hatte einen einfachen Kredit laufen“, so Pig bei seinem Willkommens-Gruß an die Club Tirol-Mitglieder.
Einen kurzen Überblick über die Szenerie neuer Unternehmen in Österreich im Bereich der AI (Künstliche Intelligenz) bot zunächst Clemens Wasner von Enlite AI, ein auf die Anwendung von AI spezialisiertes Unternehmen aus Wien. Laut Wasner entwickelt sich das heimische KI-Ökosystem mit stetigem Tempo, was „auch im Ausland wahrgenommen wird.“ Die Folge: so mancher Tech-Gigant aus dem Silicon Valley und ähnlicher Regionen hat sein europäisches Hauptquartier für KI-Forschung bereits in Österreich angesiedelt. Was jedoch noch fehle sei eine richtige „staatliche“ KI-Strategie für Österreich.
Die Standortfrage
Am Podium stand dann die junge „Founder-Runde“. Die zwei Frauen und zwei Männer – allesamt mit Tirol-Bezug – wurden vom Moderator des Abends Andreas Greilhuber (seines Zeichens Manager, Anyline-Investor und Fund Raising-Vorstand der „Wiener Stadtadler“, dem einzigen Skisprung-Club in Ostösterreich) unter anderem zu ihrem Gründer-Werdegang befragt. Warum die einen in Tirol, die anderen jedoch in Wien sitzen.
Die aus Thüringen stammende Mai Anh Dao – CEO und Mitgründerin der in Innsbruck ansässigen Firma MADiscover (2018 gegründet), die kurz gesagt eine KI-basierte, digitale Screening-Lösung zur Sammlung von Informationen und Daten potentieller Firmen-Übernahmekandidaten anbietet – sieht am Tiroler Standort an sich keine Probleme. Sie hat an der Uni-Innsbruck studiert, dort wurde die Firmen-Idee geboren und der Mitgründer gefunden. Etwas eingeschränkt sei man in Tirol allerdings beim Finden und vor allem vor Ort Halten geeigneter, engagierter Mitarbeiter.
Für Jasmin Güngör – Geschäftsführerin des jüngst aus der Taufe gehobenen ersten Tiroler Risikokapitalfonds Onsight Ventures, der speziell Investments in Deep-tech-Start-Ups tätigen wird – stellt sich die Standortfrage eigentlich nicht: „Wir wollen ja von Tirol aus international agieren.“ Bei Lukas Kinigadner hingegen – CEO und Mitgründer des Wiener Start-up Anyline, das auf das mobile Scannen von Daten spezialisiert ist – war für den Start seines Unternehmens mit drei Innsbrucker Schulfreunden im Jahr 2013 klar, dass man dies in Wien machen muss: „Ganz einfach, weil damals in Tirol in Sachen Start-Ups nichts vorhanden war.“ Also besonders das fehlende Investoren-Netzwerk, das sich da eher schon im Osten Österreichs etabliert hatte. Und räumliche Nähe ist für die vielen bei einer Start-Up-Gründung notwendigen Gesprächen mit potenziellen Finanziers von großem Vorteil.
Beim Zillertaler David Frankhauser hat sich offenbar alles ergeben, weil er Wien als Studienort ausgewählt hatte: „Da habe ich meine späteren Co-Founder kennen gelernt.“ Sein Wiener Start-Up Kaleido AI (entwickelte eine Software, die mittels künstlicher Intelligenz automatisiert Bildhintergründe entfernt) hat mittlerweile das geschafft, was sich wohl viele Gründer erträumen: Kaleido wurde im Vorjahr von einem australischen Unternehmen übernommen.
Investment-Kapital
Was die Founder als ein generelles, vom Standort unabhängiges Problem in Österreich erachten, ist der vor allem bei der Gründung herrschende enorme „bürokratische Aufwand“, den es zu absolvieren gilt. Zudem gebe es etwa noch rechtliche Hürden, um beispielsweise in weiterer Folge Mitarbeiter einfacher am Unternehmen beteiligen zu können. Nicht gerade leicht sei es auch, überhaupt „internationales Personal“ nach Österreich hereinzubekommen. Um „gute Leute zu rekrutieren“, egal ob aus der Ferne oder aus der Heimat, müssten zusehends auch die bezahlten Gehälter nach oben gehen.
Investment-Kapital für die Start-Up-Anfangsphase zu finden, so der Tenor, das sei hierzulande mittlerweile keine so große Schwierigkeit mehr, auch die Förderlandschaft sei schon ganz gut entwickelt. Anders schaut es jedoch in den späteren Entwicklungsphasen eines Unternehmens aus, wenn weitaus höhere Kapitalsummen erforderlich sind: da müsse man seinen Blick recht bald über die Grenzen Österreichs hinauswerfen. Egal ob von Wien oder Tirol aus.
Mit dabei beim Start-Up-Abend waren:
Club Tirol-Vizepräsidentin Renate Danler (Renate Danler Consulting), die Vorstandsmitglieder Peter Kunz (Kunz Wallentin RAE), Martina Scheiber (HR-SCOPE), Johannes und Jutta Bruckenberger (APA), Maria Haas (Hypo Tirol Bank), Roman Benedetto (EFS Unternehmensberatung), Sabina Berloffa (BSC GmbH), Reinhard Heiserer (Jugend Eine Welt), Célia Konrad (RHI AG),Christian Löffler (iC Consult Österreich), Sigrid Neureiter (Dr. Neureiter-PR), Dominik Schrott (Asfinag), Johannes Zitterl (Contrast Ernst & Young Management Consulting) uvm.
Präsentation zum Impulsreferat von Clemens Wasner, www.enlite.ai - Status Quo AI in Österreich: HIER